Wien: Affenhaus
Posted by JolaAm 25.04.2012 wurde das renovierte historische Affenhaus wieder eröffnet. Es beherbergt nun Rote Varis, Pippi Langstrumpfs „Herr Nilssons“, entzückende „Mini-Äffchen“, seltene Bärenstummelaffen, eine Großfamilie Erdmännchen, Goldagutis sowie eine kulturgeschichtliche Ausstellung zum Thema Affe und Mensch …
Das Affenhaus 1841 – 1907
Im Jahr 1841 wurde das Affenhaus als neues Zuhause der Affen, die im Verwaltungsgebäude und im Giraffenhaus untergebracht waren, eröffnet. 1845 kam der achteckige Sprungturm („Sprungkäfig“), mit Springbrunnen, Klettergerüst, Reifen und Seilen eingerichtet, als Freianlage für die Tiere hinzu. Bereits 1878 zog der erste Orang-Utan, Peter, ein Geschenk des österreichisch-ungarischen Konsuls in Singapur, in das Affenhaus ein.
Das Affenhaus 1907 – 2009
An Stelle des alten Affenhauses entstand in den Jahren 1906/07 ein zweigeschossiges Gebäude mit einem Hauptraum für die Besucher und Tieranlagen um den Besucherraum herum. 1929/1930 wurden Außenanlagen angebaut, eine eigene Abteilung für Menschenaffen eingerichtet. Schimpanse Jonny zog 1949 ein und lebte hier bis zu seinem Tod im Alter von 45 Jahren im Jahr 1992. Die Freianlage der Orang-Utans, großteils durch den Erlös aus dem Verkauf der Bilder des malenden Orang-Utan-Weibchens Nonja finanziert, wurde 1996 eröffnet. Im Jahr 2009 sind die Orang-Utans in die neue Anlage in der ORANG.erie übersiedelt.
Das Affenhaus heute
Das heutige Affenhaus entspricht von der Struktur her jenem aus dem Jahr 1907. Innen ersetzen nun großflächige Glasscheiben die ehemaligen Gitterstäbe. Die filigrane Gußeisenkonstruktion des Besucherraumes, der inklusive des Ausstellungsbereiches in der erstmals begehbaren Galerie rund 400m² umfasst, wurde im ursprünglichen hellgrau und blau jedoch beibehalten.
Auch die beiden Kupfertreibarbeiten des österreichischen Jugendstil-Bildhauers Franz Barwig d.Ä. aus dem Jahr 1907, mit Darstellungen männlicher und weiblicher Affen, sind über den beiden Eingängen wieder zu sehen.
Den Tieren stehen innen gesamt rund 300m², außen rund 260m² zur Verfügung. Den ehemaligen Bereich der Orang-Utans, Richtung Robben-Anlage, bewohnen nun Achim, Kwaku und Maria, drei Bärenstummelaffen, und eine zehnköpfige Großfamilie Erdmännchen, die aber bald noch größer werden dürfte.
Auf der gegenüber liegenden Längsseite des Hauses, Richtung Kaiser-Pavillon, leben die Roten Varis (Varecia variegata), zwei Mütter mit ihren drei Töchtern. Ihre Außenanlage ist der wieder frei stehende Sprungturm, der für die Tiere über einen schmalen Gang erreichbar ist.
Auf der linken Schmalseite des Hauses Richtung Jumbo-Platz befindet sich die Innen- und Außenanlage der Totenkopfäffchen (Saimiri sciureus), die durch „Herr Nilsson“ von Pippi Langstrumpf besonders bei Kindern sehr beliebt sind. Sie teilen ihr Reich mit einem Goldaguti-Mädchen (Dasyprocta leporina). Neben ihrer Anlage befindet sich im Haus drinnen der Lift zur Galerie.
Anmerkung: faszinierend, die von Mitgliedern des Team Zoo Aktiv gebastelten Weidenkugeln trotzen Regen und Wind und überstehen selbst die übermütigen Totenkopfäffchen. 😉
Gegenüber, Richtung Großkatzenhaus, wohnen die „Mini-Äffchen“ d.h. zwei Zwergseidenäffchen (Cebuella pygmaea), zwei Kaiserschnurrbart-Tamarine (Saguinus imperator) und Springtamarine (Callimico goeldii) sowie das zweite Goldaguti-Mädchen. Hier befindet sich auch der Stiegenaufgang zur Galerie.
Ein Lieblingsfutter der Springtamarine dürfte Banane sein, Video aufgenommen am 16. Mai 2012, Tiergarten Schönbrunn:
Die Springtamarine, ein junges Männchen und sechs erwachsene Weibchen aus dem Welser Tiergarten, haben bereits Zuwachs bekommen. Am 11. Mai 2012 ist ein entzückender Winzling, der in Mamas Bauch wohl als „blinder Passagier“ nach Wien mitgereist ist, zur Welt gekommen.
Die Außenanlage der „Mini-Äffchen“ befindet sich auf der Seite Richtung Geparde. Hier konnte man die Entwicklung der Anlage vom Landscaping, bei dem auch Mitglieder des Team Zoo Aktiv mitgewirkt haben, bis hin zur fertigen Außenanlage, in der die entzückenden „Minis“ übermütig herum tollen, beobachten:
Anmerkung: Aus dem dunklen, meist nicht besonders gut duftenden alten Affenhaus wurde ein heller und freundlicher Ort mit dem Flair der Kaiserzeit, gepaart mit modernsten artgerechten, liebevoll eingerichteten Tieranlagen und Tieren, die sich sichtlich wohl fühlen. Das Affenhaus wird sicherlich für viele Besucher bald ein besonderer Lieblingsplatz im Tiergarten werden.
Man könnte stundenlang den entzückenden Erdmännchen zu schauen, wie sie geschäftig im Sand herum buddeln, zu einem großen Fellknäuel zusammen gekuschelt schlafen, wobei immer einer Wache hält, oder wie sie frech die Colobus ärgern wollen (siehe Video). Diese sitzen entgegen der gängigen Meinung in Lehrbüchern gerne unten auf dem Boden direkt beim Glas und beobachten die Besucher aus der Nähe oder liegen wie ein Bettvorleger ausgebreitet auf den Felsen (mit darunter liegenden Wärmeplatten) oder spielen mit ausgebreiteten Armen und offenen Augen tot.
Freches Erdmännchen ärgert einen Colobus, Video aufgenommen am 16. Mai 2012, Affenhaus, Tiergarten Schönbrunn:
Zur Ausstellung Affe und Mensch auf der Galerie gelangt man über einen Stiegenaufgang oder mit dem Lift. Man findet hier zahlreiche interessante Exponate, die auch zum Nachdenken über den Umgang mit dem nächsten Verwandten des Menschen anregen.
Es sind zwar Bänke als Sitzgelegenheiten vorhanden, diese haben allerdings keine Lehnen und laden nicht gerade zum längeren Verweilen ein. Im Gegensatz zum alten Haus befinden sich im mehr als fünf Meter hohen Besucherbereich keine Pflanzen, auf allen vier Seiten und auch auf der Decke befinden sich nur Glasscheiben. So kann der Lärmpegel derart hoch werden, dass man es drinnen kaum aushält. Daher empfielht sich ein Besuch im Haus am frühen Vormittag oder am späten Nachmittag, wenn nicht so viel drinnen los ist.
Die Toilettanlage mit Wickelraum befindet sich nicht im Affenhaus selbst, sondern gleich gegenüber im Gebäude beim Großkatzenhaus (Ausgang neben dem Stiegenaufgang!).
Fazit: Das Affenhaus ist ein richtiges Juwel geworden, ein absoluter Geheimtipp – unbedingt anschauen! Aber genügend Zeit einplanen, man kann sich nicht so schnell von den Erdmännchen und Colobus los reißen. 🙂
Übrigens, wenn die Colobus am Gitter auf der rechten Seite der Innenanlage picken, dann tun sie das nicht, weil sie unbedingt hinaus wollen. Beim unteren Fenster/Gitter können sie in die Küche sehen. Und oben beim Gitter/Schuber gibt es Futter …
Und, die beiden Liszt-Äffchen, die während der Bauarbeiten am Affenhaus im alten Südamerika-Haus neben den Roten Varis untergebracht waren, sind nicht mit ins Affenhaus übersiedelt. Sie wohnen nun (wieder) Backstage im mittleren hinteren Teil das Katta/Gibbon-Hauses und sind für Besucher nur hin und wieder von der drüberen Seite des Affenteiches aus zu sehen.
Stand 20. Mai 2012
(Video: Jola Belik; Fotos: Jola Belik, Mag. Cornelia Belik; Anna H., mit freundlicher Genehmigung)